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Seit Wochen grinst Carsten Maschmeyer auf (gefühlt) jeder zweiten Plakatwand. Angeblich will er in seiner Show jungen Menschen einen Start ins Unternehmer-Lager ermöglichen. Jetzt hat SAT1 für die mit immensen Werbeaufwand gestarteten Sendung den Stecker gezogen und "Start up" ersatzlos aus dem Programm gestrichen. Die Einschaltquoten waren für den Sender ein Desaster. Für mich ein Anlass zu klammheimlicher Freude. Denn ich hatte einst das zweifelhafte Vergnügen, dem ehemaligen Chef des Allgemeinen Wirtschaftsdienstes (AWD) als Reporter zu begegnen. 1993 in einem Hotel in Hannover: Der damals 34-jährige "Drückerkönig" hat seine Verkäufertruppe zwecks Motivation dort versammelt. Das Kamerateam der ZDF-Sendung WISO darf den Auftritt des AWD-Chefs filmen. Beim Interview merkt "Maschi", wie er von seinen Jüngern genannt wird, dass der Reporter keineswegs nur ihm genehme Fragen stellt. Schließlich hatte ich vorher enttäuschte Mitarbeiter sowie AWD-Kunden getroffen. Als WISO die Presseankündigung für den Beitrag "Drücker unter Druck" verschickt, treten seine Anwälte auf die Matte und versuchen, die Ausstrahlung von bereits gedrehten Szenen zu verhindern. Man kündigt "vorsorglich" rechtliche Schritte an. Die WISO-Redaktion lässt sich davon nicht beeindrucken. Der Beitrag wurde gesendet und wir blieben an den Thema dran. Monatelang recherchierte ich für eine ZDF-Doku über Strukturvertriebe und deren sektenartige Arbeitsweise. Nicht nur beim AWD. Denn es ging um die Frage "wie dubiose Vertriebsfirmen Geld machen". Wieder traten Maschis Anwälte in Aktion, verschickten bündelweise Schriftsätze ans ZDF sowie an die Privatadresse des Autors. Trotz anwaltlichem Kettenrasseln wurde die Sendung "Nur der Chef sahnt ab" am 5. Januar 1994 ausgestrahlt und bescherte dem ZDF eine Traumquote von 20,4 Prozent. Über vier Millionen Zuschauer schalteten ein. Maschmeyers Anwälte haben sich nach der Sendung nicht mehr gemeldet. Allerdings hunderte von Zuschauer, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie Protagonisten in der Sendung.
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