Trauer um Sherpa Ang Gyalzen |
Solange er noch gut bei Fuß war stieg der knorrige alte Mann fast jeden Morgen auf den Hügel von Svayambhunath, umrundete die Kuppel des berühmtesten buddhistischen Heiligtums in Kathmandu. Unter den aufgemalten Augen Buddhas und zwischen vorbei flitzenden Affen drehte er die 211 Gebetsmühlen, murmelte stets das heilige Mantra om mani padme hum - "O du Kleinod in der Lotusblüte". Sherpa Ang Gyalzen wurde 1938 in Sichtweite des höchsten Berges der Erde in Namche Bazar geboren - wann genau wusste er nicht. Es war auf jeden Fall an einem Donnerstag. Das bedeutet der Name Gyalzen. Er war gerade 15 Jahre alt, als er von Edmund Hillarys Mannschaft angeheuert wurde. Die Engländer suchten zähe junge Burschen für den Lastentransport zum Fuß des Mount Everest, den sie 1953 bezwingen wollten. Seitdem war Gyalzen als Träger und Guide für zahlreiche Expeditionen in Nepal unterwegs, schleppte Lasten, manchmal bis auf über 8000 Meter Höhe. Anfang der 90er Jahre lernte Gyalzen in Namche Bazar den deutschen Bergsteiger und Hüttenwirt Charly Wehrle kennen. Aus der Begegnung entwickelte sich eine langjährige Freundschaft. Die folgenden 17 Jahre verbrachte Sherpa Gyalzen jeden Sommer auf der Reintalangerhütte unterhalb der Zugspitze, half mit in der Küche, kochte Schweinebraten und Nudeln für die Wanderer. Er selbst liebte Kaiserschmarrn und die Bergsteiger liebten ihn. Jedes Jahr brachte Gyalzen aus Nepal Gebetsfahnen mit ins Wetterstein-Gebirge, spannte sie vor der Hütte über die Partnach. Das sorgte für das typische Himalaya-Flair auf der Alpenvereinshütte. Ende 2008 startete eine ungewöhnliche Expedition Richtung Nepal. Die musikalischen "Reintal-People" um die Hüttenwirte Charly Wehrle und Simon Neumann wanderten mit Hackbrett, Kontrabass, Gitarren und Akkordeon auf dem Everest-Trek, um dem langjährigen Mitarbeiter ein Ständchen zum 70. Geburtstag in seinem Heimatdorf aufzuspielen. Das Musiktrekking zum Dach der Welt ist im Dokumentarfilm "Nepal Namasté" zu sehen. Sherpa Ang Gyalzen ist am 12. Dezember 2014 in Kathmandu an den Folgen eines Lungenleidens gestorben. Seine sterbliche Hülle wurde in Sichtweite seines geliebten "Affentempels" eingeäschert. Für seine Wiedergeburt dürfte der gläubige Buddhist zeit seines Lebens ziemlich viel Karma angesammelt haben.
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Ruhe in Frieden, in deinen geliebten Bergen. | von Gast am 20 Mar 2015 um 06:40 |
Ein wunderbarer Mensch ist von uns gegangen. Habe Gyalzen einige Male auf der Reintalangerhütte treffen dürfen. Waren immer schöne Stunden bei Hackbrett und Gesang. Danke für diese Zeit. |