Risiko über den Wolken |
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Deutsche Piloten sorgen sich um die Flugsicherung in Griechenland. Besonders über Athen und Heraklion auf Kreta gehen Piloten oft „mit Herzklopfen runter“. Der Grund: veraltete Technik, schlechte Englischkenntnisse der Lotsen und überlastete Flugräume. „Hier gibt es vielerorts noch nicht einmal Radarüberwachung, dabei ist Griechenland schon lange ein Natopartner mit strategisch wichtigen Luftkontrollaufgaben“, sagt ein Pilot. Auch Flüge über Afrika gelten unter Luftfahrtexperten als risikoreich. Das zeigte der katastrophale Zusammenstoß einer Bundeswehrmaschine mit einem amerikanischen Militärtransporter im Südatlantik. Filmemacher Reinhold Rühl hat Schwachpunkte des Luftverkehrs untersucht. Die Ergebnisse sind alarmierend. So war das Jahr 1996 eines der schwärzesten Jahre der Zivilluftfahrt, seit 1978 in Teneriffa zwei Jumbo-Jets auf der Startbahn zusammenstießen und ausbrannten. 1700 Menschen fanden in diesem Jahr bei Unfällen mit größeren Flugzeugen den Tod. Insider warnen seit Jahren vor steigenden Unfallzahlen im Luftverkehr. Schon jetzt rät der Flugzeughersteller Boeing in einer internen Studie, die bestehende Unfallrate bis zum Jahr 2000 mindestens um die Hälfte zu reduzieren. Sonst werde sich bei steigenden Passagierzahlen bald schon wöchentlich irgendwo in der Welt ein kapitales Flugzeugunglück mit Toten und Verletzten ereignen. Im Moment liegt der durchschnittliche zeitliche Abstand erst bei 3,2 Wochen. Der Absturz einer Chartermaschine der türkischen Fluggesellschaft Birgenair vor der Küste von Santo Domingo zeigte, daß auch deutsche Urlauber Opfer einer Flugzeugkatastrophe werden können. Viele Reisende steigen seitdem mit gemischten Gefühlen in den „Ferienbomber“. Sie fragen: Ist das Risiko über den Wolken überhaupt kalkulierbar? Hat der Pilot die Technik im Griff? Ist das Flugzeug top gewartet? Immer noch landen auf deutschen Flughäfen Chartermaschinen in zweifelhaftem Zustand. Und: Trotz Hilfe von Computern hat der Streß im Cockpit zugenommen. Wegen der immer ausgefeilteren Technik müssen Piloten über 50 Instrumente überwachen. In Notfällen sind sie häufig überfordert. Besonders, wenn sie länger arbeiten, als es die Vorschriften erlauben. Damit aber noch mehr Touristen ihr Flugziel erreichen, genehmigt bereits das Luftfahrt-Bundesamt Ausnahmen vom Zehn-Stunden-Dienstplan. Auch Flugbegleiter stehen immer mehr unter dem Diktat überlanger Dienstzeiten. Wer aufmuckt, wird gefeuert. So etwa die Crew eines LTU-Fluges auf die Malediven. Als die Flugbegleiter sich weigerten diesen Flug anzutreten, wurden sie fristlos entlassen. Der Film zeigt die Arbeitsbedingungen im Cockpit. Das Kamerateam begleitet eine Flugzeugbesatzung auf einem 20-Stunden-Flug nach Fernost. Nur wenige Fluggesellschaften waren überhaupt bereit, Einblick in die Welt der Fliegerei zu geben. Man wolle „den Passagier nicht verunsichern“, hieß es meist unisono. Dennoch stellt sich nach jeder Katastrophe stets dieselbe Frage: Wie konnte das nur passieren? Und immer wieder finden sich Anzeichen für Ursachen, die schon lange bekannt sind. |
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Sendung: | Exklusiv - RTL 2 | Redaktion: | Siggi Hüpen |
Länge: | 38 Minuten | Erstsendung: | 21.07.1998 |
Kamera: | Norman Vaclavik | Zuschauer: | 1,37 Mio. |
Schnitt: | Stephan Zeitler | Marktanteil: | 7,4 % |