Kunstrausch |
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Künstler gelten als Vorboten der Gentrifizierung. Sie mieten sich bevorzugt in unattraktiven, heruntergekommenen Bezirken ein und hauchen ihnen neues Leben ein. Immer auf der Suche nach billigem Wohnraum, günstigen Ateliers und Büros besetzen sie die Quartiere, die andere lieber heute als morgen verlassen würden. Das von der kreativen Avantgarde okkupierte Viertel gilt plötzlich als interessant, kleine unkonventionelle Geschäfte ziehen nach, trendige Cafés und Restaurants folgen. Bald steigen auch die Mieten, behaupten manche Soziologen. In München haben Haidhausen und das Westend diese Entwicklung längst durchlaufen, das Schlachthofviertel steckt mittendrin. Nun also auch Sendling. Das Quartier längs der Isar-Hangkante war zwar noch nie ein "Glasscherbenviertel", dennoch entdecken immer mehr Künstler und Kreative den Reiz dieses eher bodenständigen Stadtteils. Sie malen in Gewerbekellern, meißeln Steinblöcke in ehemaligen Metzgerläden, eine Malerin hat sich sogar in einem Kirchturm einquartiert. Noch gibt es in Sendling Vermieter, die nicht jeden Cent aus der Hinterhof-Idylle rausquetschen. Vielleicht nicht mehr lange. Der Münchner Dokumentarfilmer Reinhold Rühl wohnt und arbeitet seit über 20 Jahren in Sendling. Für seinen Film "Kunstrausch" hat er Ateliers und Wohnungen der Sendlinger Bohème besucht und dabei auch skurrile Orte entdeckt. Zum Beispiel ein ehemaliges Männerpissoir an der Großmarkthalle, das als Ort für schräge Kunstevents umgewidmet wurde. Der Film korrigiert die These der Soziologen. Denn ohne Künstlerinnen und Künstler wäre das Leben in urbanen Vierteln unattraktiv und fad. Die Mieten steigen trotzdem. |
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Regie | Reinhold Rühl | Kamera | Ralf Leistl, Ralf Weiss |
Länge | 44 Minuten | Schnitt | Reinhold Rühl |
Farbkorrektur | Stephan Zeitler | Produktion | Dokumacher |
Musik | Michaela Dietl, Frank Sattler | Format | HD 1920 x 1080 |