Jagdszenen in NiederbayernMit fragwürdigen Kreditverträgen bringen Geschäftsleute und Banken Dutzende von Bauern um Grund und Boden. Eine Spurensuche im deutsch-östereichischen Grenzgebiet.
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Von Reinhold RühlDie Räumung begann Freitag nachmittag. Tieflader und Tiertransporter durchfurchten die aufgeweichte Zufahrt zum Golmer Hof in Untertattenbach. Die Fahrzeuge hatten österreichische Kennzeichen und kamen aus der nahe gelegenen Grenzstadt Schärding am Inn. Aus dem warmen Stall zerrte das Räumkommando 35 Kühe und Ochsen, mit Stockhieben scheuchten die Arbeiter 39 Schweine und 28 Ferkel in die bereitstehenden Lastwagen. Traktor und Landmaschinen bugsierten sie auf die Tieflader. Gleich mehrere Rechtsanwälte und ein Gerichtsvollzieher gewährten juristischen Flankenschutz. Einige Tage später kamen die Männer wieder, jagten die Bäuerin Rosa Thurnhuber, 42, aus dem Haus und sagten ihr, sie und ihr sechsjähriges Kind hätten hier nichts mehr verloren. Dann schleppten sie verwertbaren Hausrat auf den Hof. Ein Dutzend Hühner ließ man zurück und in der Bauernstube ein hölzernes Kruzifix. Im Bäderdreieck zwischen Rott, Inn und Donau ist man schließlich gut katholisch. Rosa Thurnhuber ist das Opfer von sogenannten Bauernlegern geworden, die es darauf abgesehen haben, Landwirte um Haus und Hof zu bringen - meist mit durchaus legalen Mitteln. Die Tradition des Bauernlegens reicht zurück bis ins Mittelalter, erfreut sich in jüngster Zeit aber einer neuen Blüte - insbesondere in touristisch interessanten Regionen mit steigenden Grundstückspreisen. Drama nach ZwangsversteigerungNoch heute, acht Monate nach der Räumung, kann Rosa Thurnhuber bei der Schilderung des Geschehens nur mühsam die Tränen unterdrükken. 1981 hatte sie den 51 Hektar großen Besitz von ihrer Mutter übernommen und zunächst mit ihrem Bruder bewirtschaftet. Das Verhängnis begann, als 1987 die Scheune abbrannte. Der Wiederaufbau kostete 600 000 Mark. Von der Versicherung waren diese Kosten nur zum Teil gedeckt. Dadurch geriet der Hof in finanzielle Schwierigkeiten. Zwar waren die Bankverbindlichkeiten auch schon vorher beträchtlich. Bei vernünftiger Finanzierung und entsprechender Beratung der Banken wäre dies jedoch kein Problem auf Dauer geblieben, schätzt Helmut Hansen, der Anwalt der Familie. Statt dessen berechneten die Raiffeisenbank Bad Birnbach und die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank Verzugszinsen von sechzehn Prozent. Kurz vor Weihnachten 1989 beantragten die Banken schließlich die Zwangsversteigerung. Der erste Akt des niederbayerischen Bauerndramas begann. (...) Die Zeit vom 08.10.1993 (Auszug) |
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